Im Rahmen meiner „Heute-treffe-ich-Geschichten“ bin ich im Laufe des Jahres den unterschiedlichsten Gesprächspartnern begegnet: Vom Alt-Bürgermeister Lambert Lütkenhorst über die Zeitzeugin Waltraud Klobusch bis hin zu Bernhard Fellner, dem Mitbegründer der TRI DUCKS. Ich freue mich jedes Mal darauf neue Menschen kennenlernen zu dürfen. Heute jedoch besuche ich alte Bekannte: Die „Maltruppe“ aus dem „LEO“. Vor drei Jahren habe ich selber mit ihnen gemalt, damals noch im Treffpunkt Altstadt, musste dann aber leider aus Zeitgründen aufhören. Jetzt bin ich gespannt, wer noch dabei geblieben und wie es ihnen ergangen ist.
Schon beim Öffnen der Tür zum Soziokulturellen Begegnungszentrum „Das LEO“ auf dem alten Zechengelände in Hervest höre ich Stimmen und Lachen. Diesen Geräuschen gehe ich nach, denn ich weiß dort bin ich richtig, dort werde ich schon erwartet. Ein vielstimmiges „Hallo“ schallt mir entgegen und ich blicke in sieben mir bekannte Gesichter. Also sind alle dabei geblieben und haben offensichtlich immer noch Spaß, das ist deutlich zu spüren. Eigentlich sind sie zu acht, aber Ute konnte dieses Mal nicht dabei sein, da ihr Auto streikte.
Die Kunstwerke, die hier in den Jahren entstanden sind, können sich durch die Bank weg alle sehen lassen. Und das, ohne einen Kursleiter, denn die Truppe hat sich entschlossen ohne Anleitung weiterzumachen, als die ehemalige Kursleiterin den Malkurs nicht weiter betreuen wollte. Jeder Teilnehmer trägt dazu bei, dass sich alle weiterentwickeln. Egal ob eine ganz neue Idee, ein Farbvorschlag oder was auch immer, alles wird aufgegriffen. Hier gibt es gut gemeinte Tipps, die man annehmen kann oder auch nicht und auf diese Weise ergänzen sich alle untereinander optimal.
Seit fünf Jahren treffen sie sich jeden Mittwoch und sind fast eine „kleine Familie“ geworden, so dass das Malen auch schon mal zur Nebensache wird. Umgezogen ins „LEO“ sind sie im April dieses Jahres und die orange-gelben Lacktischdecken, die ich noch gut als „verdammt sperrig“ aus dem Treffpunkt Altstadt in Erinnerung gehalten habe, kamen natürlich auch mit. Sie existieren also immer noch.
Zwar malen alle mit Acrylfarben auf Keilrahmen, aber jeder hat einen anderen, oder besser gesagt, seinen eigenen Malstil.
Manfred „Manni“ Hertel, der einzige Mann im Team ist Perfektionist geblieben. Seine Ergebnisse sind von den Vorlagen nicht mehr zu unterscheiden. „Malst du nicht mehr mit Bleistift“, wollte ich von ihm wissen. „Doch, das muss sogar immer mal wieder sein, denn das schärft die Sinne und das Auge für die Größenverhältnisse“ erklärt mir Manni.“ Ein Perfektionist eben.
Margit Görtz-Bluhm arbeitet mit der Spachteltechnik, um dem Bild Struktur zu verleihen. Sie verwendet diese Technik im doppelten Sinne des Wortes, sozusagen mit links, denn aufgrund eines Fahrradunfalls kann sie momentan ihre rechte Hand nicht gut benutzen. „Beim Spachteln muss ich ja nicht ganz so akkurat sein“ verrät sie mir augenzwinkernd. Das Ergebnis kann sich trotzdem sehr gut sehen lassen, ebenso wie Monika Czaykas Bild, entstanden aus der farbenfrohen Vorlage, die sie sich dieses Mal ausgesucht hat. Monika ändert sie aber dennoch nach ihren Wünschen fantasievoll ab.
Nach Vorlage malt heute auch Angela Matern. Ihr Mann hat sich ein Bild des Förderturmes gewünscht und diesen Wunsch erfüllt ihm heute seine Frau. Die lebensgroße Vorlage hat sie ja jetzt direkt vor der Nase, dazu muss Angela nur kurz den Kopf aus der Tür stecken.
Petra „Peti“ Joswig hat scheinbar immer noch ein Faible für pink, rose weiß und lila. Als Reaktion auf die eingeworfene Bemerkung „Es wird gemunkelt, dass Christian eure Wohnung extra neu streichen musste, damit deine vielen Bilder auch farblich passen“ lacht die blonde Frohnatur nur.
Satte Farben und akkurate Formen sind Helga Sprenger-Hudeczeks Welt. Keine Schnörkel, keine unnötigen Verzierungen, das passt zu der Powerfrau. Im Gegensatz zu Renate Hülsmanns Werken, die gewollt etwas verschwommen wirken. Sie benutzt die „Draufschütt-Technik“, wie das Malen mit sehr viel Wasser hier von allen genannt wird.
Gelernt haben sie diese und andere Arten zu Malen in verschiedenen Workshops bei Künstlerinnen wie Susanne Heupel, Slavica van der Schors oder auch Brigitte Stüwe, aus deren Händen auch das Eingangsbild im Leo stammt. Die Antwort auf meine Frage „Was denn von den Workshops so hängen geblieben ist, woran sie sich noch gerne erinnern?“, lautete ziemlich einstimmig „Der Flammkuchen und der Wein beim Workshop zu Hause bei Susanne Heupel.“ Aber zumindest wussten sie auch noch, dass sie dort vorher einen Schutzengel malten.
Durch den Kontakt zu Barbara Seppi erhielten alle Hobby-Künstler kürzlich die Möglichkeit ihre Bilder in der Stadtinfo auszustellen. Mit sehr guter Resonanz, es wurden sogar Bilder verkauft.
Gerne würden sie ihre Werke noch einmal öffentlich zeigen, nicht nur, um zuhause wieder kurzfristig Platz zu schaffen. Sie sind es wirklich alle ausnahmslos wert gezeigt zu werden. Sollte also jemand die Möglichkeit dazu haben, so möge er sich doch bitte an Christian Joswig, dem Leiter des LEOs, unter der Telefonnummer 0176 45962111 wenden, er gibt es gerne an die Gruppe weiter.
Die Werke sind zwar nicht immer hundertprozentig perfekt, aber wie sagte damals schon der deutsche Schriftsteller Otto Ernst: „Kleine Fehler eines großen Kunstwerks wirken wie Schönheitspflästerchen auf der zarten Haut einer schönen Frau.“ Wer jetzt einen Blick auf die Bilder geworfen hat, der wird sich sicher nicht mehr die Anfangsfrage stellen: „Ist das da hinten Kunst oder kann das weg?“
Fotos und Text: Martina Jansen
Quelle: Lokallust Dorsten